121
b. Umfassender noch waren die Entdeckungen und Eroberungen der Spanier. Whrend die Portugiesen den Seeweg nach Ostindien in stlicher Richtung suchten, glaubte der Genuese Christoph Columbus durch eine Fahrt gen Westen dorthin gelangen zu knnen. In Portugal mit seinem Plane abgewiesen, dann aber von der Knigin Isabella von Kastilien mit dessen Ausfhrung beauftragt, erreichte er zwar nicht das gesuchte Land des fernen Ostens, machte aber die unermelich folgenreiche Entdeckung von Amerika 1492
Einflu der Entdeckungen auf Europa: Vermehrung des Geldes; neue Produkte: Zucker, Kaffee, Tabak, Kartoffeln; vernderte Richtung des W elthandels, daher Sinken Venedigsund der Hansa, Erh ebung der roeft lichen Staaten Portugal und Spanien, spter der Niederlande und Englands; Erweiterung der Erdkunde und der Naturwissenschaften.
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42 Die Wirtschaftsreiche der Erde und ihre Bedeutung für Deutschland.
dem Weltmarkte geltend zu machen. Für die Teilnahme am
Welthandel haben diese Staaten fast sämtlich, mit Ausnahme der Schweiz
und Österreich-Ungarns, eine güustige Lage. England liefert auf
deu Weltmarkt feine Jndnstrieerzengnisse, die Waren anderer Länder
und die Erzeugnisse feines riesigen Kolonialreiches, während es große
Mengen von Nahrungsmitteln und industrielle!: Rohstoffen braucht.
Deutschland ist im Bezug industrieller Rohstoffe noch stärker als
England vom Weltmarkte abhängig, weniger aber in der Volksernäh-
rung; es führt sogar bedeutende Mengen Zucker aus. Seine Ausfuhr
besteht aber wie bei England hauptsächlich iu Jndnstrieerzeuguissen.
Frankreich zieht ebenso aus seinem Pflanzenbau wie aus seinen
industriellen Erzengnissen großen Nutzen; Hauptgegenstände seiner Ans-
fuhr sind Wein und Mode- und Luxuswaren. Belgien führt besonders
industrielle Erzeugnisse, Holland Erzeugnisse aus seinen Kolonien, Öfter-
reich-Ungarn Holz, Getreide, Vieh und Zncker,die Schweiz kondensierte
Milch, Käse und industrielle Erzeugnisse, Dänemark Milch, Butter und
Vieh, Norwegen Fische und Holz, Schweden Holz und Eisenerze aus.
f) Die Bedeutung des Wirtschaftsreiches für Deutschland.
Unser Vaterland hat zu deu Ländern Mittel- und Nordwesteuropas
eine sehr günstige Lage. Es liegt ziemlich in der Mitte derselben,
stößt mit sechs von ihnen, nämlich mit Österreich-Ungarn, der Schweiz,
Frankreich, Belgien, Holland und Dänemark, unmittelbar zusammen
und ist von den übrigen, von England, Norwegen und Schweden, nur
durch ein schmales Meeresgebiet getrennt. Kein anderer Staat
Europas hat eine solch' günstige Lage zu den übrigen
Staaten. Es kann also Deutschland vieles Fehlende aus unmittel-
barer Nähe beziehen, und ebenso kann es an seine Nachbarn viele
Waren absetzen. Außer dieser Gunst des Nahverkehrs fällt noch
ein anderer Umstand fehr ins Gewicht. In einigen Nachbarstaaten,
in Österreich-Ungarn und der Schweiz, besteht ein großer Teil der
Bevölkerung ans Deutschen, die übrigen Staaten, mit Ausnahme
von Frankreich, sind vorwiegend oder ausschließlich von stammver-
wandten Völkern bewohnt, und in allen Staaten wohnen viele
Reichsdeutsche, die die Fäden des Handels knüpfen und festigen.
Den bedeutendsten Handelsverkehr unterhält Deutschland mit
Großbritannien oder England, mit Österreich-Ungarn, Frank-
reich, den Niederlanden oder Holland. Belgien und der Schweiz.
Der Warenaustausch mit Euglaud steht an der Spitze, weil dieses
deutsche Waren nicht nur selbst in großer Menge verbraucht, sondern
auch Welthandel mit ihnen treibt.
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland England Deutschland England England Frankreich Holland Norwegen Schweden Deutschland Nordwesteuropas Frankreich Belgien Holland England Norwegen Schweden Europas Deutschland Österreich-Ungarn Schweiz Frankreich Deutschland England Holland Schweiz
91
Deutschlands Handelsumsatz.
Abb, 1, § 46. Handelsumsal
2v
15 V3 12 %
Milliarden Mark.
11
6. Handelsumsatz (im Außenhandel).
1 Deutschland nimmt nach seinem Handelsumsatz die zweite stelle in der Welt ein. § 46
1908 Umsatz Englands 21v, Milliarden Sd?f., Deutschlands 15v3, der Vereinigten
Staaten 123/4, Frankreichsiii dann folgen die Niederlande, Belgien, Osterreich-Ungarn, Ruß-
l'and, Italien usw. — Auf den Kopf-der Bevölkerung berechnet ist die Reihenfolge aber diese:
!. Niederlande, 2. Belgien, 3. Schweiz, 4. Dänemark, 5. England, 6. Norwegen, 7. Frank-
reich, 8. Deutschland, 9. Schwe-
den usw. — Von 1885—1906 stieg
der englische Handel um 82/3, der
deutsche um 9vz Milliarden!
(1906/7 war die Zunahme in Eng-
land aber wieder größer als in
Deutschland, 1908/9 war es dagegen
wieder umgekehrt). Der sran-
zösische Handel wurde vom deut-
scheu zum erstenmal 1893 überholt.
2. Die deutsche Einfuhr ist
um 2 Milliarden Mk. größer als
die Ausfuhr. (In England ist die
Einfuhr um drei Milliarden Mk.
größer als die Ausfuhr; dagegen
ist in den Vereinigten Staaten, in
Rußland und andern Ackerbaustaaten die Ausfuhr größer als die Einfuhr.)
3. Der Sinn unseres Handelsaustausches ist dieser: Wir müssen vom Auslande kaufen,
was wir an Nahrungsmitteln (namentlich an Getreide), an Holz und anderen Naturprodukten
zu wenig erzeugen (dazu die gewaltige Menge Baumwolle, sowie die sogenannten „Kolonial-
waren"); wir bezahlen das mit den Erzeugnissen der Industrie, namentlich mit denen der
Eisenindustrie. Wir führen ein für 700 Mill. Mk. Getreide (außer Mais), für 500 Mill. Mk.
Baumwolle, für 400 Mill. Mk. Wolle, für 250 Mill. Mk. Holz, für 200 Mill. Mk. Kupfer, für
200 Mill. Mk. Vieh usw.; wir führen aus für 1100 Mill. Mk. Eisenwaren und Maschinen, für
320 Mill. Mk. Baumwollwaren, für 300 Mill. Mk. chemische Erzeugnisse (Farben, Drogen, Salze),
für 250 Mill. Mk. Wollwaren, für 220 Mill. Mk. Metall- (außer Eisen-) Waren, für 200 Mill. Mk.
Zucker usw. Abb. 2 u. 3, § 46. (Beachte bei dieser Abbildung, daß sich unser Außenhandel
nur zu etwa 70°/0 durch Schiffsverkehr vollzieht!)
4. a) Unsere besten Kunden find England, Österreich-Ungarn und die Vereinigten Staaten;
denn diese drei Staaten allein kaufen uns 1/3 aller unserer Waren ab (England 1/6f Osterreich
und die Vereinigten Staaten je 1/10). England besitzt umgekehrt auch an uns einen guteu Kunden,
da wir sein zweitbester Abnehmer — gleich hinter Indien — sind. Deutschland und England sind
also sehr aufeinander angewiesen. (In Ein- und Ausfuhr zusammen stehen wir für England
an 5. Stelle.) b) Wir empfangen am meisten Waren aus den Vereinigten Staaten, Ruß-
land und England. Siehe Abb. § !37 (Deckel) in Heft Ii!
7. Verfassung und Finanzen.
1. Verfassung. Das Deutsche Reich ist ein „ewiger Bund" der 25 deutschen Staaten; an
seiner Spitze steht der König von Preußen als „Deutscher Kaiser". Der Kaiser erklärt im Namen
des Reiches Krieg, schließt Frieden, geht Bündnisse ein und ernennt die Gesandten. Er ist der Ober-
befehlshaber über die Armee und die Flotte. Er beruft und schließt den Bundesrat (s. unten!).
Ihm steht die Ausfertigung und Verkündigung der Reichsgesetze zu. Er ernennt und entläßt
die Reichsbeamten, z. B. den Reichskanzler, den ersten Beamten des Reiches. Die einzelnen
Bundesregierungen sind vertreten durch den Bundesrat. In diesen schickt die preußische
Regierung 17 Mitglieder, die bayrische 6, die sächsische und württembergische je 4, Baden, Elsaß-
Lothringen und Hessen je 3, Mecklenburg-Schwerin und Braunschweig je 2, die übrigen Staaten
je ein Mitglied (im ganzen 58). Das Volk wählt als seine Vertretung auf Grund desgleichen,
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Extrahierte Personennamen: Schweiz Dänemark
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Deutschland Englands Deutschlands Frankreichsiii Niederlande Belgien Italien Niederlande Belgien England Norwegen Deutschland Deutschland England Rußland England England Osterreich England Indien Deutschland England England Vereinigten_Staaten England Baden Elsaß-
Lothringen Hessen Mecklenburg-Schwerin
47 Frankreich. _ § 3!)
Ii. Das Volk und seine wirtschaftlichen Leistungen.
I. Die Franzosen sind als Volk zusammengeschmolzen aus Kelten (Galliern), Römern § 39
und Germanen (Franken, daher „Frankreich). Sie bilden völkisch und kirchlich fast ganz eine
Einheit; alle sind römisch-katholisch. Schulbildung immer noch geringer als bei uns, siehe
Abb. 2, §4! Geringe Bevölkerungszunahme (Abb. 1, §39): Von 1850—1910 nur 3mill.
(Deutschland fast 30 Mill. i)1. 1890—91 mehr Sterbe- als Geburtsfälle! — Die Franzosen,
namentlich die Großstädter, gelten für höflich, liebenswürdig, witzig, gewandt; aber auch für
eitel und prahlerisch. Leicht begeistert, kämpften sie im Drange nach Ruhm oft heldenmütig,
aber ohne zähe Ausdauer. Politisch unruhig; seit 1789 wurde die Verfassuug 11 mal geändert!—
Die Franzosen sind tonangebend in den Dingen des Geschmacks
und der Mode. — Der französische Bauer gilt für ruhig, fried-
fertig, fleißig und sparsam.
Frankreich ist seit 1870 eine Republik; an der Spitze
steht ein gewählter Präsident. Einteilung in 86 Departe-
ments.
2. Wirtschaftliches, a) Landwirtschaft. Der
Wert der gesamten Bodenerzeugnisse, also einschließ-
lich Wein, ist erheblich geringer als in Deutschland.
An Getreide z. B. erzeugt Frankreich 16, Deutschland
25 Mill. t2; Hauptgetreide Weizen. Erstes
Weinland der Erde (zeitweilig von Italien er-
reicht). Nenne die 3 Hauptweingebiete nach Abb. 2,
§ 39! Die Weineinfuhr ist aber oft größer als die
Ausfuhr; die Franzosen sind also ein wein-, wie die
Deutschen ein biertrinkendes Volk. — Hervorragende
Olbaumzucht in der Provence; zwar weniger,
aber weit besseres Ol als in Italien und Spanien.
— Waldbestand nur 16% (Deutschland 26).
b) Bergbau. Kohlengewinnung nur xjh
der deutschen (Abb.2, §39); Eisengewinnung
kaum V3 der deutschen. — c) Judustrietätigkeit
etwas geringer als in Deutschland. Frankreichs
erste der Welt (Hauptsitz Lyon), auch Woll- und
Baumwollindustrie sind bedeutend, weniger die Eisenindustrie. Für kuust-
gewerbliche und Modegegellstände, überhaupt für Luxuswareu ist
Frankreich das erste Land.
d) Handelsumsatz 11 Milliarden (Deutschland 151/2, England 22). Handels-
flotte die vierte in Europa (England, Deutschland, Norwegen, Frankreich). Haupt-
ausfuhr: Seidenge webe 3, kunstgewerbliche und Modewaren, Wein. —
Großer Fehlbedarf an Kohle, Holz und Getreide.
1 Leider macht sich in Deutschland jetzt auch ein Umschwung geltend: 1878 kamen auf 1000
Emw. m Deutschland 43 Geburten, 1908 nur noch 33; in Berlin kamen 1876 auf 1000 Einw.
47 Geburten, 1904 nur noch 24! Warum ist das sehr bedenklich für unsere Zukunft?
2 Eine Tonne (t) hat 1000 kg,
3 Ausfuhr an Woll- und Baumwollwaren auch sehr groß, aber kleiner als die Einfuhr
an Wolle und Baumwolle (wie in Deutschland).
20
65 Mizl
i 5ßf
1 ? 1 ,?.)
s f 36t
-28a Ml. 27t '25fr 'Ol.
'12 Vy 12 M Il. it
Abb. 1, § 39.
Bevölkerungszunahme in
Frankreich U.deutschland.
Seidenindustrie ist die
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Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Deutschland Frankreich Deutschland Frankreich Deutschland Italien Italien Spanien Deutschland Deutschland Frankreichs Lyon Frankreich Deutschland England Europa England Deutschland Norwegen Frankreich Deutschland Deutschland Berlin Deutschland Frankreich
Großbritannien und Irland.
52
der 1. Platz der Welt für Diamantschleiferei. — Im Verhältnis zu Größe
und Einwohnerzahl ist Holland nach seinem Handels - Umsatz der erste
Handelsstaat der Erde (Umsatz auf den Kopf der Bevölkerung 1380, dagegen
in England 450, in Deutschland 226 Mk.; s. Band Europa Tabelle § 397!). Haupt-
ausfuhr: Vieh, Butter und Käse, Gemüse und Blumen, Heringe. Hauptein-
fuhr: Eisenwaren, Eisen, Steine, Holz und Kohlen.
Deutschland steht für den niederländischen Handel bei weitem an erster Stelle
(Deutschland, England, Belgien). Für uuseru Handel nehmen die Niederlande
den 6. Platz ein. Stelle nach Skizze § 137
(Deckel) fest: Was bekommen wir aus den
Niederlanden, was die Niederlande
von uns?
3. Auswärtiger Besitz fast so groß wie der
deutsche. Hauptteil: Niederläudisch-Jndien
(vor allem die Großen Sunda-Jnseln, darunter
das beispiellos fruchtbare Java). Erzeugnisse:
Kaffee, Reis, Zucker, Tabak, Gewürze und viele
andere „Kolonialwaren".
Iii. Schluß- und Wiederholungsaufgabe.
1. Benenne die Eintragungen für Holland
in Abb. § 45: 6 (10?) Städte, 3 Rheinarme,
1 Nebenfluß, 1 Meeresteil, 1 Inselkette!
Füge vielleicht in die Abb. § 45 noch ein die
Zeichen für Leiden Scheveningen Q, Vlissingen Q
und Hoek van Holland f)!
S 45 —
Belgien und die Niederlande. schreibe die Namen ortbograpl)isch rich
tig nieder!
3. Zeichne die ganze Abb. wiederholt n. d. Vorlage! Auch aus dem Gedächtnis?
Das Königreich Großbritannien und Irland.
(Band Europa, § 292—326.)
315 Taus, qkm (Preußen 350); 44 Mill. Einw. (Preußen 40, Frankreich 40, Deutschland 65);
132 Einw. auf 1 qkm (Deutschland 120).
§46 Das Mutterland des größten und mächtigsten Reiches, das die
Welt je gesehen hat. Kleiner als Preußen, aber mehr Einw. als dieses. 3 ver-
einigte Länder: England (mit Wales, spr. uehls!), Schottland, Irland. — Vor
der Entdeckung Amerikas war das Reich ein Randstaat von geringer Bedeu-
tung (s. Abb. 1, § 2!), jetzt ist es der Mittelpunkt des Welthandels.
I. Das Land.
1. Lage, Grenzen, Küste, Klima. England ist ein reiner Seestaat, a) Lage
ausgesucht günstig, in der Mitte der Landhalbkugel, vor den Mündungen der
wichtigsten deutschen und französischen Ströme, d) Grenzen nach der Karte!
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TM Hauptwörter (200): [T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland], T101: [Baumwolle Kaffee Tabak Getreide Reis Zucker Holz Ausfuhr Wein Zuckerrohr], T47: [Karte Lage Länge Breite Größe Meile Linie Ort Grenze Höhe], T184: [Insel Amerika Portugiese Afrika Spanier Kolumbus Küste Entdeckung Jahr Indien]]
Extrahierte Ortsnamen: Irland Holland England Deutschland Europa Deutschland Deutschland England Belgien Niederlande Niederlanden Niederläudisch-Jndien Holland Rheinarme Holland Belgien Niederlande Irland Europa Frankreich Deutschland Deutschland England Wales Schottland Irland Amerikas England
— 11 —
Der Bergbau ist in Marokko fast unbekannt, obwohl an vielen Stellen reiche Lager
an Erzen, besonders Kupfer, nachgewiesen sind. Eist in letzter Zeit haben europäische
Gesellschaften die Erlaubnis erhalten, Bergwerke anzulegen. Das Gewerbe steht noch
auf niedriger Stufen Es erzeugt Seiden- und Wollengewebe, Teppiche, Metall-
und Töpferarbeiten und feines Leder aus Ziegenfellen (Maroquin und Saffian nach
den Stadien Marokko und Saffi). Die früher in Fes bedeutende Herstellung der nach
dieser Stadt benannten roten Mützen ist fast ganz eingegangen.
Der Binnenhandel leidet unter dem Mangel aller neuzeitlichen Verkehrsmittel
Es gibt weder Telegraphen, Eisenbahnen, noch Kunststraßen. Die Wege sind nichts weiter
als von Tieren und Menschen ausgetretene Pfade. Brücken sind selten. Man muß die
Flüsse durchwaten, und wo das nicht möglich ist, benutzt man Fähren, die von aufgeblasenen
Hammelbälgen über Wasser gehalten werden. Die Beförderung der Waren geschieht aus-
schließlich durch Kamel- und Maultierkarawanen. Der Außenhandel ist gering, aber
infolge des Einflusses, den Europäer in letzter Zeit im Lande gewonnen haben, in den
letzten Jahren rasch gewachsen. Der Gesamtwert der Aus- und Einfuhr betrug 1911
142 Mill. Mk. (A. 67, E. 75). Ausgeführt werden insbesondere Gerste, Felle, Häute,
Wolle, Datteln, Hülsenfrüchte und Eier. Deutschland war in dem genannten Jahre mit
13,9 Mill. Mk. an der Ausfuhr, mit 6,2 an der Einfuhr beteiligt.
Der Staat. Marokko war bis 1912, wo es in französischen Besitz kam,
ein selbständiges Reich, der letzte Rest der sich einst über ganz Nordasrika er-
streckenden Araberherrschaft. Sein Bestehen verdankte es nicht eigner Kraft,
sondern wie die Türkei der Eifersucht der europäischen Großmächte, von denen
keine der andern den fetten Bissen gönnte. Schon 1910 wollte sich Frankreich
Marokko aneignen, mußte aber dann auf Beschluß der Konferenz von Alge-
sir a s seine Hand wieder zurückziehen. 1911 ließ es unter dem Vorwand, seine Unter-
tanen schützen zu wollen, abermals Truppen einrücken. Deutschland erhob
Einspruch, indem es den Kreuzer „Panther" nach Agadir schickte, ließ sich aber
dann im sog. Marokkovertrag vom 4. Nov. 1911 mit der Abtretung eines
Streifens von Französisch-Kongo abfinden (s. Kamerun), und da keine andere
Macht widersprach, konnte Frankreich das Scherisenreich in der Form der „Schutz-
Herrschast" seinen übrigen Besitzungen in Nordafrika angliedern.
Über die Zustände, wie sie bisher in Marokko bestanden, sei noch folgendes mitgeteilt.
Der Sultan oder Kaiser besaß unumschränkte Macht, war zugleich geistliches Oberhaupt
(Scherif) und galt als Nachfolger des Propheten. Zum Zwecke der Verwaltung war das
Land in Bezirke eingeteilt, an deren Spitze je ein Kaid stand, der auch die richterliche
Gewalt ausübte. Doch erstreckte sich die Macht des Sultans in Wirklichkeit noch nicht
über die Hälfte des Landes. Große Gebiete, vor allem die Gebirgsgegenden, waren tatsächlich
unabhängig und erkannten den Herrscher höchstens als religiöses Oberhaupt an. Welche
grauenvolle Willkürherrschaft im Lande bestand, davon entwirft Th. Fischer folgende Schilderung:
„Der Dorffchech schindet seine Bauern, um sich zu bereichern; hat er sich vollgesogen,
so fällt er dem Kaid zum Opfer, der seinerseits über kurz oder laug, wenn ein andrer
für seine Stelle mehr bietet oder die freiwilligen Geschenke, die er dem Sultan und seiner
Umgebung alljährlich bringen muß, nicht groß genug erscheinen, unter irgend einem
Vorwande an den Hof befohlen, seiner Schätze beraubt wird und im Kerker verschwindet.
Tie Sultane ihrerseits endigen meist durch Gift. Nur derjenige, der gar nichts hat, ist
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Extrahierte Personennamen: Frankreich
Marokko
Extrahierte Ortsnamen: Marokko Marokko Deutschland Marokko Nordasrika Alge- Deutschland Agadir Kamerun Frankreich Nordafrika Marokko
93
§ 193
lartb die reformierte. Irland ist überwiegend römisch-katholisch. — Die Schulbildung steht
gegen) die deutsche noch zurück (s. Tabelle §115c).
d) Verfassung. Im „Vereinigten Königreich Großbritannien und Irland" ist die Königs-
macht stark beschränkt durch das Oberhaus (House of Lords) und namentlich durch das Unter-
Haus (House of Commons).
[2. Wirtschaftliches. England ist die erste Handelsmacht, neben Deutschland der
erste Industriestaat, ferner das erste Kolonialreich und die erste Seekriegsmacht
der Welt (Ursachen?).
a) Landwirtschaft vernachlässigt, Ackerland auf 24% des Bodens zurückgegangen
(Deutschland 49, Frankreich 56%), 2/3 des Landes liegen als Weiden und Wiesen; kaum noch ein
eigentlicher Bauernstand vorhanden, fast nur Pächter reicher Lords; infolgedessen gewaltige
Getreideeinfuhr (Brotkorn fehlt für 220, in Deutschland für 50 Tage im Jahre). Waldbe-
stand kaum 4% (Deutschland 26). Die hochstehende Viehzucht (Vollblutpferde, Mastvieh)
genügt bei weitem nicht dem Fleischbedarf. — Fisch-
ausfuhr 90 Mill. Mk. (Deutschlands Fischeinfuhr
70 Mill. Mk.).
b) Bergbau. Die Kohlengewinnung wird uur
von der der Vereinigten Staaten übertroffen, die
Roheisengewinnung nur von dieser und von der
Deutschlands. Nenne die wichtigsten Kohlen- und Eisen-
lager nach Abb. § 193! Kupfer- und Zinnerzeugung die
größte in Europa.
c) Industrie in jüngster Zeit von der deutscheu
um ein Geringes überslügelt. Die Ausfuhr an Webe-
erzengniffen ist allerdings fast 3 mal so groß wie
die deutsche (die für Baumwollwaren allein 6 mal
so groß), aber in der Ausfuhr an Metall waren hat
Deutschland hente einen Voriprnng von 100 Mill. Mk.
(1440 gegen 1340 Mill. Mk.) und in der Gesamt-
summe aller übrigen Industrien ergibt sich für Deutsch-
land eine Aussuhr von 1400 Mill. Mk., für Euglaud
ein Fehlbetrag von 650 Mill. Mk. (Zucker, Papier,
Leder). — Mehr Schiffbau als alle übrigen Länder
der Erde zusammen. — Die Hauptplätze für die ein-
zelnen Industriezweige siehe oben!
d) Handel. Die Handelsflotte ist
^/-.mal so groß wie die deutsche,
so groß wie die französische. Handelsumsatz (1911) 25 Milliarden Mk.
(Deutschland 19, Verein. Staaten 15, Frankreich 14). Die Hauptverkehrs-
länder für England sind 1. seine Kolonien in ihrer Gesamtheit (V4 des Um-
satzes), 2. die Vereinigten Staaten, 3. Deutschland, 4. Frankreich. Haupt-
ausfuhr: Baumwollwaren, Kohlen, Eisenwaren, Maschinen, Wollwaren.
Hanpteinfnhr: Getreide, Baumwolle, Fleisch, Holz, Wolle, Butter, Zucker.
Der Handel mit Deutschland steht für England (wenn wir die Kolonien
einzeln zählen) an zweiter Stelle (Vereinigte Staaten, Deutschland, Britisch-
Indien, Frankreich, Australien). Für nnsern Handel steht England an
erster Stelle. Stelle nach der Skizze auf der Innenseite des hinteren Deckels
fest: Was bekommen wir aus England, was England von uns?
Die englische Kriegsflotte war 1905 fast 4 mal, 1908 fast 3v2mai, ist aber
jetzt nur noch 2^ mal so stark wie Deutschland. Im Jahre 1913 werden besitzen:
England 86 Linienschiffe und große Kreuzer, Deutschland 40, Frankreich 34. ]
Abb. §193. Die wichtigsten Kohlen-
und Eisenlager in Großbritannien.
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
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Extrahierte Personennamen: Hanpteinfnhr
Extrahierte Ortsnamen: Irland Königreich_Großbritannien England Deutschland Deutschland Frankreich Deutschland Deutschland Deutschlands Deutschlands Europa Deutschland Deutschland Frankreich England Deutschland Frankreich Deutschland England Deutschland Britisch-
Indien Frankreich Australien England England England Deutschland England Deutschland Frankreich Großbritannien
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TM Hauptwörter (200): [T103: [England Krieg Frankreich Spanien Franzose Engländer Flotte Jahr Holland Frieden], T31: [Jahrhundert Schweden Norwegen Dänemark König Ende Jahr Anfang England Mitte], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T130: [Elbe Stadt Sachsen Provinz Saale Kreis Schlesien Elster Neiße Magdeburg], T8: [Abschnitt erster Periode zweiter Zeitraum dritter Kap Buch Kapitel vierter]]
563
fanden, als die Holländer erwarten konnten. Der Grund lag darin,
daß man in Frankreich auf die Kriegsflotte Mühe und Kosten verwen-
det, die Handelsmarine dagegen vernachlässigt hatte. Die Holländer
blieben noch längere Zeit im Besitz der nordischen Einfuhren; erst in
der Mitte des 18. Jahrhunderts nahmen die directen Verbindungen zu
zwischen französischen und baltischen Häfen. Gegen Ende des Zeitraums
neigte sich die Handelsbilanz ansehnlich gegen Holland.
In Spanien wurden nach dem westphälischen Frieden die hollän-
dischen Schiffe auf gleichem Fuß wie die der übrigen Staaten zuge-
laffen. Der ganze äußere Handel von Spanien, soweit er nicht Kolo-
nialhandel war, kam in die Hände der Holländer. In Spanien war
die Landwirthschaft verwahrlost und die einst blühende Industrie zerstört.
Holland führte der Halbinsel das Getraide zu und die Stoffe zur Be-
kleidung. Spanien dagegen lieferte den Holländern besonders Wolle
und erhielt als Fabrikat seinen Rohstoff zurück. Die großen Summen
der holländischen Einfuhren in spanische Häfen waren theils für den
Verbrauch des Binnenlandes bestimmt, theils gingen sie als Kommis-
sionsartikel spanischer Kaufleute in die Kolonien. Mit den spanischen
Kolonien führten die Holländer auch einen sehr einträglichen Schmug-
gelhandel. Als ein bourbonischer Prinz den spanischen Thron bestieg,
verloren die Holländer alle zeither genossenen Vortheile, und die Fran-
zosen wurden nun die in Spanien am meisten begünstigte Nation. Gegen
das Ende unseres Zeitraums erhielt Spanien eine Regierung, welche
die lange vernachlässigten materiellen Interessen des Landes beachtete
und nicht ohne Erfolg förderte. Unter solchen Umständen sank der hol-
ländisch-spanische Handel tief herab von seiner Höhe; den meisten Vor-
theil brachte noch die Kontrebande nach Westindien. Auch der Zwischen-
Handel nahm ab, je mehr die nordischen Staaten, besonders Dänemark
und Schweden, Aus- und Einfuhr auf ihren eignen Schiffen besorgten.
Mit Portugal schlossen die Holländer 1661 einen Allianz- und
Handelsvertrag, welcher den freien Verkehr zwischen beiden Reichen mit
vollständiger Gegenseitigkeit herstellen sollte. Die Holländer führten in
Portugal ein: Manufakturen, Getraide, Holz und Fische, dagegen führ-
ten sie aus: Südfrüchte, Weine und von den brasilischen Produkten
Zucker und Farbholz. Die holländischen Schiffe in Portugal nahmen
ab, als die nordischen Völker ihre Produkte selbst nach Portugal brach-
ten. Die Engländer schlossen 1703 einen vortheilhaften Handelsvertrag
mit Portugal, durch welchen sie das herrschende Handelsvolk in Por-
tugal wurden. Der Handel der Holländer mit Italien, den Län-
dern am Mittelmeer und der Levante wurde durch Frankreich
beschränkt, als dieses (1669) Marseille mit dem Monopol oder Stapel-
recht desselben ausstattete.
Wie herabgekommen auch der holländische Handel am Ende der
Periode erscheint, auf dem deutschen Markte hatten die Holländer
nichts verloren. Die Bilanz des Rh ein Handels mochte zur Zeit von
Hollands Blüthe gleichstehen, allein als diese zu welken begann, neigte
sie sich zum Nachtheil der Deutschen. Denn so lange auf den hollän-
dischen Werften der Schiffsbau für die halbe Welt betrieben wurde, so
lange der Zwischenhandel nach dem Norden im Zuge war, da waren
Holz und Wein der Deutschen ein Tauschmittel für die Kolonialwaren
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Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Holland Spanien Spanien Spanien Holland Spanien Spanien Westindien Schweden Portugal Portugal Portugal Portugal Italien Frankreich Marseille Hollands
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der Holländer. Als aber die holländischen Werften verödeten und der
deutsche Wein nicht mehr nach dem Norden ausgeführt wurde, da blie-
den wohl die holländischen Einfuhren von Kolonialwaren, aber von
deutschem Holz und Wein war keine Rede mehr.
Die südlichen Provinzen der Niederlande blieben unter spani-
scher Herrschaft. Ihr alter Weltmarkt ging verloren. Der westphälische
Friede entzog den spanischen Niederlanden die natürlichste Bedingung
für den Wiederaufbau der gesunkenen Größe, unterband durch die
Sperrung der Sckelde die Ader ihres Verkehrs mit dem Ausland und
verbot ihnen jeden Handel mit den spanischen Kolonien. Eine bessere
Zeit kam für die südlichen Niederlande, als sie durch den rastadter Frie-
den (1714) von Spanien an Oestreich übergingen. Es hob sich
der Wohlstand durch Industrie und Ackerbau. Getraide fand in Eng-
land stets einen Markt, und die ausgezeichnete Kultur des Flachses be-
förderte die Linnenfabrikation, besonders in den feinen Geweben und
Spitzen. Die Tuchmanufakturen hoben sich wieder, die Verarbeitung
der Baumwolle nahm zu; es entstanden Papier- und Lederfabriken,
Bierbrauereien und Zuckerraffinerien. Dagegen glückten nicht die Ver-
suche Handel und Schifffahrt emporzubringen. Um sich einen Antheil
an dem ostindischen Handel zu verschaffen, gründete Kaiser Karl Vi.
(1722) die Kompagnie von Ostende, aber diese wurde von der engli-
schen und holländischen Eifersucht im Entstehen erdrückt. Vorüberge-
hende Vortheile brachte den östreichischen Niederlanden der nordameri-
kanische Freiheitskrieg. Holland wurde zu seinein Schaden in denselben
verwickelt, während die östreichischen Niederlande neutral blieben. Es
fiel diesen die Frachtschifffahrt zu und sie machten Unternehmungen nach
Westindien. Flandern und Brabant waren auf dem besten Weg zur
Wiedererlangung der alten Größe, da störte der Ausbruch der Empö-
rung gegeri die östreichische Herrschaft den Entwickelungsgang.
Die holländische Frachtschifffahrt hatte einen außerordentlichen Um-
fang erreicht, als ihr durch die englische Navigationßakte ein empfind-
licher Schaden zugefügt wurde. Das Beispiel Englands ahmten andere
Staaten nach. Dazu kam die Konkurrenz der nordischen Staaten und
der Hansestädte, welche gleich billige Frachten stellten. Auch der hol-
ländische Heringsfang, diese Goldgrube Hollands, verminderte sich da-
durch, daß seit dem Anfang des 18. Jahrhunderts Deutsche, Franzosen
und Engländer denselben mit Eifer betrieben.
Noch früher, als der Verfall des holländischen Handels erfolgte
der Verfall der holländischen Industrie. Colberts Merkantilsystem traf
Holland empfindlich. Der neue Tarif belegte die Einfuhren holländischer
Fabrikate mit unmäßigen Zöllen, verbot einige geradezu. Ueberall zeig-
ten die Regierungen das Streben eine nationale Staats > und Volks-
wirlhschaft zu führen, die einheimische Industrie durch Schutzmaßregeln
zu heben und die fremde von dem innern Markt auszuschließen. Der
innere Markt war ein zu kleines Feld für die holländische Gewerbsthä-
tigkeit. Die große Schuldenlast des Landes, die Folge langwieriger
Kriege, machte hohe Abgaben nöthig. Die Konsumtionssteueru ver-
theuerten die nöthigsten Nahrungsmittel und erhöhtem die Arbeitslöhne.
Die meisten Rohstoffe mußten vom Ausland bezogen werden, welches,
als es selbst sie zu verarbeiten anfing, deren Ausfuhr erschwerte, oft
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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TM Hauptwörter (200): [T103: [England Krieg Frankreich Spanien Franzose Engländer Flotte Jahr Holland Frieden], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital]]
Extrahierte Personennamen: Oestreich Karl_Vi Karl Colberts_Merkantilsystem
Extrahierte Ortsnamen: Spanien Eng- Holland Westindien Brabant Englands Hollands Holland